Bandoneon-Irrwege wie eine „Dornenhecke“

Name: Holger Stielau
Moin Herr Haas,
ich möchte Ihnen nicht auf den Geist gehen, aber Ihnen bestätigen, was Sie im Vorwort so schön mit der „Dornenhecke“ umschrieben haben. Wer sich entschließt Bandoneon spielen zu lernen, muß erheblich mehr Widerstände überwinden  als bei einem Akkordeon und kann sich in einem Gestrüpp verschiedenster Instrumente und z.B. „Systemen“ verirren; wie es mir z.B. passiert ist.
 
Hier mein kleiner Erfahrungsbericht, der vielleicht nun, da Sie sich mit dem Bandoneon befassen, doch interessant für Sie ist, um ggf. andere Interessenten auf die richtige Spur zu bringen oder von der falschen Spur (Zahlensystem) abzubringen.
Ich habe ein sehr schönes  144er Einheitsbandoneon (Alfred Arnold) von meinem verstorbenen Vater geerbt. Leider hat er mir das Spielen nicht beibringen können, weil er mich, als ich vielleicht 8 Jahre alt war, ohne Instrument allein vor seine Noten gesetzt hat und gesagt hat „LERNEN“. Ich habe nur in den Noten herumgekrakelt (nach Vaters Tod wiedergefunden) worauf er sagte, dass ich unmusikalisch wäre.
Dann habe ich, nachdem ich das Instrument geerbt hatte, in fortgeschrittenem Alter (so um die 50) einen Lehrer gesucht und auch gefunden, einen sehr guten sogar (Rocco Boness, damals in HH). 
Leider habe ich dann einen Riesenfehler gemacht: er stellt mich vor die Wahl nach dem Zahlensystem (Wäscheleine) zu lernen oder nach Noten. Ich konnte damals keine Noten lesen, also entschloss ich mich zur „Wäscheleine“ und habe auch ganz manierlich zu spielen gelernt. Aber eben die entsprechende Literatur; diese uralten Kamellen die die Deutschen vor dem Krieg spielten, furchtbar, und ich wollte doch dann auch Tango z.B. spielen. Und irgendwann ging mir das so auch den Keks, das ich das Bandoneon in die Ecke geschmissen habe. Dann habe ich in einem neuen Versuch auf Notenspiel umlernen wollen, hatte auch einen neuen guten Lehrer in Hamburg (Rocco wohnte dann schon in Oldenburg), bin dann aber aus anderen persönlichen Gründen nach Glücksburg/bei Flensburg verzogen…………und hier in der Provinz findet man keinen Lehrer!!!
Was habe ich gemacht? Ich habe aus Verzweiflung begonnen, Akkordeon zu lernen, und das tue ich immer noch und zwar sehr gerne und bleibe auch dabei. Aber meine Liebe ist das Bandoneon geblieben. Ich habe mehrere Instrumente (jedes System, 142er Oktav-gestimmt rheinische Tonlage zurück aus Argentinien,  auch ein 152er Oktav gestimmt von Klaus Gutjahr, in Berlin gekauft und auch 144er  2/3-chörig).
Das mit dem Lehrer ist das größte Problem, wenn jemand Bandoneon lernen will…………..und die vielen Schrottgeräte bei Ebay :-(.
Nun kaufe ich gleich online mal Ihr Buch. Inzwischen kann ich ja auch Noten lesen, dann ist der Angang leichter. Aber ein Drama, ich habe hier mehrere Bandoneons und bin kurz davor alles zu verkloppen.
So, jetzt bin ich fertig. Aber Sie können ja Menschen helfen, indem Sie Erfahrungen weitergeben. 
Ich lese gerne Ihre Nachrichten/Newsletter, habe auch Ihre Akkordeonschule (super) schon gekauft und durchgearbeitet . 
Mit freundlichen Grüßen und alles Gute
Holger Stielau
24960 Glücksburg (Ostsee)

2 Kommentare

  1. Hallo Holga, ich hoffe, dass ich Ihnen nicht zu nahe trete mit dieser Anrede. Meine Geschichte ist ganz ähnlich. Auch mein Vater hat mir sein Bandoneon hinterlassen. Es lag 55 Jahre im Keller. Als Kind musste ich nach Zahlen spielen. Ich habe aber mit 8 Jahren aufgehört und alles vergessen. Jetzt da ich in den Ruhestand getreten bin habe ich beim Aufräumen mein Bandoneon wiederentdeckt. Kurz, ich habe es nach Carsfeld geschickt und es restaurieren lassen. Es ist ein 144 Einheitsbandoneon. Da ich Klavier spiele sind Notenkenntnisse für mich kein Problem. Ich habe mir die Schule von Peter Fries gekauft und übe fleißig. Die Zahlen sind sehr hilfreich. Mit zunehmender Erfahrung braucht man diese dann nicht mehr. Es ist aber ein Zeitproblem und Übungsproblem. Der Herr Wallschläger (Carlsfeld) hat mir das bestätigt. Nach 2 bis 3 Jahren finden die Finger ihren weg allein. Man kann jedes Notenblatt dann umsetzen. Am Anfang kann man sich die Zahlen noch dazuschreiben. Der Klang (Sound) ist meiner Meinung nach mit dem Akkordeon nicht zu vergleichen. Bei mir ist es Nostalgie. Es macht mir riesigen Spass.
    Lieben Gruss aus Werder a d Havel

    1. Hallo Walter,
      erstmal Entschuldigung, daß ich erst jetzt auf Ihren Kommentar antworte, über den ich mich sehr gefreut habe. Leider habe ich den Kommentar erst heute gesehen. Ein anderer Bandoneonspieler aus Österreich hatte mir direkt geschrieben und dann habe ich Ihren Kommentar entdeckt.
      Ja, das mit den Zahlen! Wie ich ja geschrieben hatte, bin ich nach dem Mißerfolg mit meinem Vater als Lehrer 🙂 dann nicht weitergekommen. Nun da ich das Notenlesen behersche, über den Weg mit dem Akkordeon, nun könnte ich auch das Notenspielen auf dem Bandoneon beginnen, aber ich bin ja lange im Ruhestand und habe auch viele anderen Interessen und mir fehlt einfach die Zeit dazu nochmals zu beginnen. So bleibe ich eben beim Akkordeon und träume vom Bandoneonspielen. Instrumente hätte ich; ein 142er, oktavgestimmt und zurückgekauft aus Argentinien und das 144er Einheitsbandoneon von meinem Vater. Beide Instrumente von Alfred Arnold aus Carlsfeld. In Carlsfeld habe ich einigemale an den Bandoneontreffen teilgenommen.
      Sie haben völlig Recht; der Klang des Bandoneons ist unübertroffen und mit dem besten Akkordeon ist dieser spezielle Klag nicht zu erzielen.
      Nochmals vielen Dank für Ihr Schreiben.
      Ganz ganz herzliche Grüße aus Glücksburg an der Ostsee
      Holger (Stielau)

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